3. Workshop "Wer bin ich?-Import-Export"





Tumult, Geschrei, Lärm im Soldiner Kiez...irgendwo schepperts gewaltig. Aber keine Sorge, keine Prügelei unter arabisch-türkischen Jugendlichen oder sonstig negativ Assoziiertes zum Thema Brennpunkt Soldiner Kiez. Die Stimmung ist fröhlich. Rumgewusel :13 Kids, das sind Mine, Alev, Emine,Dilara, Samir, Serhad, Berfin, Selin, Zain,Tabea,Sonja,Samir und Bilal.





Beim letzten Workshop in der Reihe "Kunst und Migration" im
Soldiner Kiez entdeckt und drückt sich künstlerisch dieser wilde Haufen 13 kleiner Kita-kids des Stephanuns Kindergartens in der Soldiner Strasse unter der spielerisch-künstlerischen Leitung von
Ariane Blankenburg (Kuratorin und Künstlerin vom ARTPORT)aus. Die Kinder
experimentieren mit einfacher Technik, Licht und Schattenriss, erkennen ihre Silhouetten und erraten die der anderen Kinder, pausen sie lebensgroß auf Papier nach und füllen die leeren Körperhüllen kreativ.Wie sie sich wahrnehmen, deutsch-türkisch,türkisch, deutsch?, iranisch, pakistanisch? Berliner? Kind, Mensch???? Wieviel Kultur ist in mir? Wer bin ich und wer sind die Anderen, Was sagt mein Umriß aus, sagt er überhaupt etwas Grundlegendes über meine Person??? In der Reihe der Kunst und Migrationswokshops bleibt es spannend, gerade die ganz Kleinen zu befragen, sie mit ihrem Bewußtsein zu konfrontieren, als Menschen mit Migrationshintergrund eingeordnet zu werden. Wie nimmt das diese junge Generation wahr?Wie vorurteilsfrei sind diese jungen Menschen noch?Wie wollen sie sich sehen und empfinden es, gesehen zu werden...Am 28. November um 16.30 Uhr, sowie zum sunday wedding am 30.11.08 werden im Rahmen der Kolonie Wedding Eröffnungen die Ergebnisse des Workshops präsentiert. Die Ausstellung findet wie gehabt in den Räumen der KolonieWedding e.V., Soldiner Str. 92, statt.

Ariane Blankenburg

Dokumentation:

Mittwochs stapf ich bei grauem Novemberwetter in die auserkorene Kita: Dort belagern mich freudig ohne jegliche Scheu wiegesagt meine Eleven von 13 Kindern im Alter von 5 Jahren, darunter ein einziges deutsches Mädchen, neben arabisch, persisch, pakistanisch, türkisch und kroatischen Herkünften. Natürlich sind die Kids alle in Berlin geboren.

Ich führe die Kinder mit einfachen Darstellungen und Fragen an das Thema heran: Kunst und ähm "Migration", also das Wort kennen sie ja nicht, gut so, Migrationshintergrund wird noch schlimmer! Besser, sie kennen auch das gerade nicht! Sie erzählen mir ihre Namen, wie sie zuhause für "Mama" sagen und sie ihren Kiez wahrnehmen...

Die Kindergärtnerin läßt nicht ohne Verzweiflung durchblicken, wie schwer es ist, diese Meute zu bändigen und über die Kinder die Eltern regelrecht mitzuerziehen...

Kurze Zeit später hab ich die Kids um mich versammelt, jetzt heißt es Aufmerksamkeit und Konzentration einzufordern, was mittels des doch spielerisch gewählten Themas zu keinem befürchteten Chaos führt. Natürlich haut jede fünf Minuten ein Kind das andere und plärrt, rauft, springt herum, dennochdie Anteilnahme miteinander etwas zu erarbeiten, Körper und Herkunft zu anonymisieren, begeistert die Kids schlichtweg: "Boah, das ist ja die Mine hinter dem Papier oder nee... doch die Dilara????

Ich komme insgesamt 4 Mal vorbei, nach 2 Stunden geht den Kids die Puste aus, mir auch!!!Denn ein Waldorffkindergarten ist das nicht!

Ich stelle während unserer Erarbeitung immer wieder Fragen à la: wie nehmt ihr Unterschiede von Kulturen wahr, fühlt ihr Euch Deutsch oder als das, was Mama und Papa sind??? Ein bisschen alles natürlich kommt nach und nach von allen eingeworfen. In der Kita selbst reden alle deutsch. Als die Mütter zumeist, des Nachmittags ihre Kleinen einsammeln, verfallen die meisten in die Heimatsprache. Nebenbei diese Geschichte: Weihnachten steht vor der Tür. Sofia bekommt eine Kassette mit auf deutsch, zum Hören, wenn sie 3 Wochen lang in der arabischen Heimat ist, die Mutter und ihr Bruder, bittet die Kindergärtnerin inständig, sollen "bitte" ruhig (unbedingt) mithören, verstanden hat das allerdings nur die Kleine so richtig...

Fazit:

Der Workshop war großartig, die Ergebnisse der Kinder und ihr Engagement überwältigend, ich muß zugeben, ich habe weniger erwartet und mehr Stresspotential erwartet.

Insgesamt muss die ganze Aktion in den Kontext eingebettet werden, was der Migrationshintergrund überhaupt impliziert und laut der deutschen amtlichen Statistik ist Migrationshintergund ein Ordnungskriterium zur Beschreibung einer Bevölkerungsgruppe, die aus seit 1950 eingewanderten Personen und deren Nachkommen besteht. Der Begriff "Person mit Migrationshintergrund" ist dabei nicht zu verwechseln mit dem Begriff "Ausländer", da viele Menschen mit Migrationshintergrund deutsche Staatsangehörige sind; er ist auch kein Gegenbegriff zu "Deutscher", da auch schon vor 1950 Ausländer nach Deutschland kamen, die bis heute nicht eingebürgert sind; etwa als Kriegsflüchtlinge in den beiden Weltkriegen. Als rein statistische Kategorie sagt der Begriff auch nichts über das subjektive Zugehörigkeitsempfinden einer Person zur deutschen oder einer ausländischen Kultur aus, wird aber im allgemeinen Sprachgebrauch inzwischen oft für Personen verwendet, die unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit aufgrund ihres Aussehens, ihrer Sprache oder anderen Eigenschaften als "fremd", "ausländisch" o.ä. wahrgenommen werden. Komischerweise liegt die Assoziation zu Symptom und Syndrom nicht fern, was jedoch einen negativen Beigeschmack zu Krankheit und Infiziertsein impliziert!

Die Kinder sind statistisch also in der Mehrheit "krank" mit Symptomen, dabei aber sehr kreativ und aufgeschlossen. Was wir ernten, ist was wir säen. Der Respekt geht vor allem an die unglaublich ehrlich und effizient geführte Erziehung der Kindergärtnerinnen, die tatsächlich bei grundlegenden Dingen wie Begrüßung, Danke, Achtung der Anderen und Selbstachtung beginnen.

Ariane Blankenburg


Eigentlich ist es den Kids egal, sie mögen ihren Kiez und alle Kinder gleich und ach ja, die Deutschen sind so ein bisschen heller und haben dünnere Haare...Das ist sicher nicht als Vorurteil gemeint !

Alle Kinder sagen, dass es egal ist, woher man kommt, man soll halt nett zueinander sein. Die meisten von Ihnen wollen in Berlin bleiben.